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Quo vadis 2024?

Goodbye Mittelstand 2024? Herausforderungen und Perspektiven für unser mittelständisches Unternehmen in der Leiterplattenproduktion

Unser offener Brief der Geschäftsführung zur Jahreswende

Sehr geehrte Damen und Herren,
als familiengeführtes mittelständisches Unternehmen sind wir stolz darauf, noch immer zu 100 % in Deutschland zu produzieren und möchten Sie deshalb daran teilhaben lassen, vor welchen zukünftigen Herausforderungen wir stehen.

Auch wenn die jüngsten wirtschaftspolitischen Maßnahmen sicher von gutem Willen geprägt sind, betrachten wir so manche Folgen für den industriellen Mittelstand als sehr nachteilig. Wir befürchten, dass durch die Bevorzugung von Leuchtturmprojekten wie die massive Subventionierung von industriellen Großansiedlungen die Herausforderungen der notwendigen industriellen Transformation durch Klimawandel und unsicheres geopolitischen Umfeld für den Mittelstand aus dem Blickfeld geraten. Schließlich ist er das eigentliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Dafür stehen auch die Folgen der kurzfristigen Einigung zum Haushalt 2024, da sie sogar die als gescheitert zu betrachtenden Bemühungen zur Entlastung des Mittelstandes nicht nur widersprechen. Im Gegenteil – sie verursachen kurzfristig erhebliche Zusatzkosten im Energiebereich und zerstören das Vertrauen in die Verlässlichkeit in die Politik.

Unser Ausblick auf das Jahr 2024 und darüber hinaus.
Wir erwarten, dass das Jahr 2024 nahtlos an die Situation des Jahres 2023 anknüpft. Unsere Kunden leiden weiterhin an den Folgen der Nachfrageschwäche in Europa sowie der Konsumschwäche mancher Exportmärkte. Die Läger sind voll und somit stockt weiterhin die Nachfrage nach Leiterplatten. Die Situation, so die Hoffnung, wird sich dann in der zweiten Jahreshälfte verbessern, wenn die ersten Zinssenkungen anstehen sollen. Auch wenn die Aussichten kurzfristig somit eher schlecht sind, so ist es weiterhin unbestritten, dass langfristig nicht nur die Chip-Industrie, sondern auch die Leiterplattenproduktion als ein Teil der vorgelagerten Technologie-intensiven Wertschöpfungskette eine wichtige und unverzichtbare Schlüsselindustrie darstellt. Sollte sich diese Erkenntnis aber nicht zu „Taten“ führen, so fällt irgendwann die angebotene Kapazität der Leiterplattenindustrie unter solch ein kritisches Level, dass deren Anpassungselastizität aufgrund der „Verzwergung“ eigener Zuliefermärkte von Maschinen- und Vorprodukten bedroht sein wird. Auch wenn in den USA durch den „Substrates and PCB-Act“ mit massiven Subventionen bereits Taten auf die Erkenntnis der hohen Bedeutung der Leiterplattenindustrie folgen, betrachten wir weniger Subventionen als vielmehr verbesserte Wettbewerbsbedingungen als essenziell. Folgende Punkte betreffen Themen, die einer unbedingten Verbesserung bedürfen und auf die wir alle unbedingt eine passende Antwort finden müssen.

Die Themen, die uns alle angehen:

  1. Bürokratie und Genehmigungsverfahren:
    Die deutsche Bürokratie, insbesondere in Bezug auf Genehmigungsverfahren für Anlagen und Maschinen, stellt für uns eine erhebliche Hürde dar. Die quälend lange Dauer von Genehmigungsverfahren für Prozesse, Anlagen und Maschinen sowie eine überbordende behördliche Gängelei in allen unternehmerischen Bereichen bindet eh schon knappe Personalressourcen und beeinträchtigt unsere Handlungs- und Anpassungsfähigkeit an Marktveränderung und bei Kapazitätsanpassungen. Bürokratische Prozesse müssen beschleunigt und digitalisiert werden. Gesetze, Verordnungen und andere Regularien auf deutscher und europäischer Ebene müssen auf den Prüfstand bezüglich der Wirtschaftlichkeit ihrer Umsetzung sowie deren Auswirkung auf die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im globalen Wettbewerb.
  2. Fachkräftemangel und nachlassendes Interesse am Handwerk:
    Der vielleicht größten Herausforderung, der wir gegenüberstehen, betrifft das Finden von Fach- und auch angelernten Arbeitskräften. Industriebetriebe, die zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit und Flexibilität rund um die Uhr produzieren müssen, werden angesichts von „zu wenig Netto vom Brutto“ im Schichtbetrieb immer unattraktiver für potentielle Arbeitskräfte. Handwerklich geprägte Berufsbilder, insbesondere im Bereich der Anlagen- und Maschinenführung sind eher „out“. Es scheint zudem, dass die Abwanderung von gut ausgebildeten Fachkräften zu Großkonzernen und der Mangel an Ausbildungsprogrammen in Berufsschulen zu einer Schieflage im Fachkräftemarkt führen. Wir plädieren für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und der Politik, um den Bedarf an praxisorientierten, handwerklichen Fähigkeiten besser zu decken und somit einen nachhaltigen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten. Durch aktive Kontaktaufnahme zu Bildungseinrichtungen in unserer Region leisten wir dazu bereits jetzt unseren Beitrag. Worauf wir keinen Einfluss haben, sind die demotivierenden Fehlanreize zur Arbeitsaufnahme und Mehrleistung in einem vollkommen intransparenten System von Fordern und Förderns durch eine Vielzahl von unterschiedlichsten Behörden.
  3. Beschäftigung von Einwanderern und Fachkräften:
    Die derzeitige Praxis, wonach Zuwanderer zunächst nicht arbeiten dürfen, ist nicht nur hemmend, sondern auch angesichts des Arbeitskräftemangels nur schwer erträglich. Bei einem Freundschaftsbesuch durch den großen nordamerikanischen PCB-Hersteller Summit Interconnect in unserer Produktion, konnten die Gäste eines klassischen Einwanderungslandes kaum glauben, dass Flüchtlingen und Immigranten für die Dauer ihres Aufenthaltes monats- bzw. jahrelang vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden. Wir schlagen vor, dies zu überdenken und flexibler zu gestalten, um die Integration von Arbeits- und Fachkräften zu erleichtern. In Bezug auf qualifizierte Einwanderer sehen wir die Notwendigkeit, Regelungen wie das Beschäftigungsverbot zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Darüber hinaus sollte bei einem geschätzten jährlichen Bedarf von mehr als 400.000 ausländischen Arbeitskräften die Bleibeperspektiven von Immigranten auch davon abhängig gemacht werden, ob sie erfolgreich und möglichst durchgängig sozialversicherungspflichtiges Einkommen generieren.
  4. Energiewende auf den Schultern der mittelständischen Betriebe:
    Ein anderer bedeutender Faktor, der unsere Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, sind die hohen Strom- und Energiepreise. Die steigenden Energiekosten setzen uns zunehmend unter Druck und erschweren es, international preislich wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir glauben, dass eine Überprüfung und Anpassung dieser Kosten von entscheidender Bedeutung sind, um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern. Gleichzeitig können langfristig wohl nur autarke und nachhaltige Lösungen in den mittelständischen Unternehmen zu einer höheren Sicherheit führen. Daher ist es eine gemeinsame Aufgabe, hier für klare Anreize zu sorgen. Um dies, für uns zu erreichen, wird im kommenden Jahr unsere gesamte Dachfläche (wo immer es möglich ist) mit Fotovoltaik eingedeckt.

Und trotzdem sind wir für Sie da!

Auch für diese wirklich multiplen Herausforderungen werden wir – wie in der Vergangenheit auch – Lösungen finden – so wie wir das als Mittelständler gewohnt sind. Ob in unserem Bestreben nach größerer energetischer Energie (PV oder Sekundärverwertung von industrieller Abwärme) oder bei neuen Anreizprogrammen zum Finden neuer Teammitglieder – werden wir eine Antwort auf diese Fragen finden.

Wir hoffen, dass Sie uns hierbei weiterhin unterstützen, weil Sie wissen, wie wertvoll eine vertrauensvoll gewachsene Partnerschaft ist.

Vielen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen,

Andreas Brüggen
Precoplat Präzisions-Leiterplatten-Technik GmbH
Geschäftsführung

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Galvanisch Nickel Gold (Hart- und Bondgold)

Auch Hartvergoldung genannt. Im Unterschied zum ENIG-Prozess wird zwar auch Nickel als Diffusionssperre zum Kupfer eingesetzt, jedoch wird das Gold galvanisch, das heißt mit einer Außenstromquelle abgeschieden. Somit können wesentlich größere Schichtdicken von 0,8 – 5 µ erreicht werden. Dieses „Hartgold“ wird für Leiterplatten mit Steckerleisten eingesetzt, die mehrfach gesteckt werden. Je dicker das Gold, umso höher die Anzahl der Steckzyklen (Beispiel: 0,4 µ Au = 20 Steckzyklen, 2 µ = 500 Steckzyklen).

OSP (Organic Surface Protection)

OSP ist eine organische Lösung, die durch ein Tauch- oder Spülbad selektiv auf lötbare Kupferoberflächen mit einer Schichtstärke von 0,02 bis 0,06 µ abgeschieden wird. Die Oberfläche ist plan und eignet sich gut für feine SMD-Bestückung. Mehrfache Lötprozesse sind nicht möglich, da sich die transparente Schicht bei Temperaturen jenseits von 150 °C zersetzt.

Die Lagerfähigkeit ist auf 6 Monate begrenzt.

Chemisch Silber (chem Ag.)

Chemisch Silber ist eine metallische, sehr gut mehrfach lötbare Endoberfläche mit einer Schichtstärke von 0,15 – 0,45 µ, die außenstromlos auf Lötstellen abgeschieden wird (ähnlich dem Prozess Chemisch Zinn). Die Oberfläche ist plan und eignet sich gut für die SMD Bestückung.

Eine Lagerzeit von bis zu 6 Monaten ist möglich. Ähnlich wie bei Chemisch Zinn verliert die Oberfläche ihre Lötfähigkeit durch Schwankungen der Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit. Die Oberflächen dürfen keinesfalls mit schwefelhaltigen Materialien in Berührung kommen (wie beispielsweise bestimmte Arten von Packpapier).

Chemisch Zinn (chem. Sn)

Chemisch Zinn ist eine metallische, sehr gut lötbare Endoberfläche. Eine dünne Schicht von ca. 0,8 – 1,2 µ Zinn wird außenstromlos auf dem Kupfer der Lötstellen abgeschieden, wo es die Oxidation des Kupfers verhindert. Die Oberfläche der Pads ist sehr plan und eignet sich somit besonders für SMD-, CoB- und HDI- und Einpresstechnik.

Die Lagerzeit sollte 6 Monate nicht überschreiten. Feuchtigkeit und Temperaturunterschiede während der Lagerung können die Lötfähigkeit beeinträchtigen.

ENEPIG (Electroless Nickel Electroless Palladium Immersion Gold)

Zwischen den Prozessschritten Nickel und Gold beim ENIG-Prozess wird beim ENEPIG zusätzlich Palladium als Zwischenschicht (0,05 – 0,25 µ Dicke) außenstromlos in die Endoberfläche eingefügt.

Diese zusätzliche Schicht ist nicht nur hervorragend für alle Lötvarianten geeignet, sondern wird vor allem für das Golddrahtbonden verwendet. Das Verfahren gilt als sehr teure Spezialanwendung.

Chemisch Nickel Gold (ENIG = Electroless Nickel Immersion Gold)

ENIG oder Chemisch Nickel Gold ist eine metallische, sehr gut lötbare Endoberfläche. Sie wird auf der Kupferschicht der Lötstellen mit einer Schichtstärke von 4 – 9 µ Nickel und idealerweise 0,05 – 0,1 µ Gold abgeschieden, wodurch die Oxidation des Kupfers verhindert wird. Die Abscheidung erfolgt außenstromlos mit Hilfe von katalytischen Prozessen sowie des elektrischen Potentialunterschieds (Wertigkeit) der eingesetzten Metalle.

Die Oberfläche ist sehr plan, die mehrfache Lötfähigkeit für SMD, Cob und HDI-Technik sowie Aludrahtbonden geeignet und verfügt über eine Lagerfähigkeit von bis zu 12 Monaten.

Die Oberfläche ist IPC-4552 spezifiziert und erfüllt die aktuellen Anforderungen von RoHs und WEE.

Heißluftverzinnung (HAL = Hot Air Leveling)

Der Begriff Heißluftverzinnung wird sowohl für das Produktionsverfahren als auch für die Oberfläche von Leiterplatten mit 99,55 % Sn (Zinn), 0,3 % Ag (Silber) und 0,15 -0,05 % Ni (Nickel), verwendet. Sie soll das darunter liegende Kupfer der Lötstellen vor Oxidation schützen.

Die Leiterplatten werden in eine Heißschmelze (> 260°C) aus den genannten Metallen eingetaucht. Danach werden die zu verzinnenden Oberflächen mit heißer Druckluft plan und die Bohrungen frei geblasen. Die Oberfläche ist für mehrfaches Löten sehr gut geeignet und bis zu 12 Monate lagerfähig.

HAL ist bei radialer Bestückungs- und einseitiger SMD-Technik qualitativ und preislich sehr attraktiv. Unser Lot ist bleifrei und erfüllt die RoHS-Richtlinien.